Anna Steinert – Cobalt Necessity, April 25 – June 8, 2017
Anna Steinert
Cobalt Necessity
Eröffnung Samstag, 22. April, 19 Uhr
25. April- 8. June 2017
(English below)
Die Ausstellung „Cobalt Necessity“ von Anna Steinert zeigt in reduzierter Auswahl ihren neuen Werkzyklus leuchtender Himmelsbilder: zwei türkisblau glänzende Flächen – sie könnten auch Wasser sein, über das man sich beugt –, einen gestischen Raum aus barocker Farbe, sowie zwei vermeintlich nächtliche Szenen mit runden Irrlichtern, oder Sternen, auf dunklem Grund. Die Stofflichkeit der vielen Punkte in weißem und hellem Pigment gibt den Bildern eine samtige, nervöse Kühle. Wer des Nachts lieber Licht brennen lässt, mag diese Bilder oder jede andere Malerei friedfertig finden. In Werken früheren Ursprungs hat sich die Künstlerin stark mit der Frontalität von Gesichtern, mit Masken und der Groteske in Ornament und (Tier-) Figur auseinander gesetzt. In dieser Ausstellung kann man eine Hinwendung zu jener Ruhe sehen, die fragt: Was gibt es schon zu erzählen, wenn, wie Andrei Tarkowski in „Stalker“ (1979) monologisch sprechen lässt, sich alles zu verändern beginnt, sobald Menschen auftauchen? Erzählung und Abstraktion fallen auf eine seltsame Art auseinander. Figuration und Gesicht sind der Abstraktion aber nicht vollkommen gewichen, sie liegen in Rückständen oder als ausgedientes ganzes Bild unter den abschließenden Farben. Schraffuren werden in die darüber liegende Schicht mitgenommen, so dass sich trockene, weiche Texturen bilden. Das Aufeinander von dünner Lasur, unterschiedlich stark aufgetragener Firniss und spröden Ölkreide Spuren lässt an Freskomalerei oder Enkaustik denken. Feste Formen lösen sich dadurch auf, „zerstäuben“, sagt Anna Steinert. – Im Grunde hege sie eine Abneigung gegen den Pinselstrich. Unbarmherzig, jeden Tag sein Gesicht zeigen zu müssen. Vielleicht ist die Abstraktion so etwas wie eine Maske. Streift sittliche Konventionen ab, und nimmt den Schrecken vor dem eigenen Gesicht. Und wer nicht weiß, dass er sie trägt, trägt sie am vollkommensten?
Zur Eröffnung wird sich innerhalb der Ausstellung eine Umkleidung vollziehen, welche von dem Haiku „Coabalt Necessity“ (Richard Brautigan) inspiriert ist.
__________
The solo exhibition „Cobalt Necessity“ of Anna Steinert debuts a new body of works of luminous sky paintings: two surfaces in radiant turquoise blue – they could as well represent cloudy pond water –, a gestural space of baroque colour, and two supposedly nocturnal scenes, with round dots of Irrlicht, or stars, wandering over a dark ground. A velvet materiality of these points of white and bright pigment gives the paintings a nervous chill. He who prefers to keep the light on at night may find these paintings, or any other painting peaceable. The artist’s works of former origin were largely concerned with the frontality of faces, with masks and the grotesque in ornament and (animal) figure. The exhibition now might draft a composure that addresses this question: What is left to be told, if, as Andrei Tarkovsky put it into a monologue in "Stalker" (1979), everything begins to change, as soon as humans appear? Narration and abstraction break up strangely here. Perhaps, figuration and face haven’t entirely given way to abstraction. It is indeed possible to have them lying underneath the final coats in remains or as a replaced whole image. Hatchings are carried into the layers above and hence form dry, soft textures. The spectrum of thin glazes, varnish in various degrees and brittle oil pastel pencil resembles fresco or encaustic painting. Solid form thereby resolves, “pulverises“, as Anna Steinert puts it, and furthermore admits she had an aversion to the brushstroke. It's merciless that you have to show your face every day. Maybe abstraction is a bit like a mask. It wipes off moral conventions, and takes away the fright of our own face. And those who do not know that they carry it, wear it in the most perfect way?
At the opening a clothes change inspired by the haiku „Coabalt Necessity“ (Richard Brautigan) will take place within the exhibition.